Militärpropaganda im Deutschlandfunk
Heute morgen (28. 5. 16), 8.25 Uhr, beim Frühstück tönt mir aus dem Deutschland-Radio Geschützdonner entgegen. Das Frühstück bleibt mir im Hals stecken. Eine offensichtlich militärisch „eingebettete“ Journalistin berichtet vom NATO-Manöver in Osteuropa, interviewt NATO-Offiziere, alles selbstredend nur defensiv, Verteidigung der sich bedroht fühlenden Polen und Balten. Nicht der Hauch einer kritischen Nachfrage der Journalistin.
Was sind die ökologischen Folgen dieser Manöver? Was kosten sie, und wer bezahlt? Wie verträgt sich dieses Militärmanöver unter Beteiligung der Bundeswehr mit den Verpflichtungen, die Deutschland in den Verhandlungen zum 2 + 4 – Vertrag über die deutsche Wiedervereinigung eingegangen ist? Wie werden diese Manöver auf der russischen Seite wahrgenommen? Sind die bereitgestellten und demonstrierten militärischen Fähigkeiten wirklich nur defensiv nutzbar? Was wird die erwartbare militärische Antwort Rußlands sein? Wird hier eine neue Runde des Wettrüstens provoziert? Was sind die globalen ökologischen und sozialen Folgen einer solchen Entwicklung?
Wenn der Deutschlandfunk Nato- und Regierungspopaganda betreibt, dann sollen bitteschön die NATO und die Regierung den Deutschlandfunk bezahlen. Oder meinetwegen die Rüstungsindustrie, die sich an der neuen Aufrüstung wieder mal eine goldene Nase verdienen wird. Von meinen Rundfunkgebühren finanziert erwarte ich unabhängige kritische Recherche und keine Militärpropaganda.
Harald Fuchs
Folgende Antwort der verantwortlichen Reporterin erreichte mich am 7. 6.:
„Sehr geehrter Herr Fuchs,
Danke für Ihr Feedback zu meiner Reportage über die Nato-Übung. Ihre Kritik wäre nicht nur legitim sondern mehr als gerechtfertigt, wenn es sich bei dem Stück um eine Analyse, einen aktuellen Bericht oder einen Hintergrund gehandelt hätte. Hier handelte es sich um eine Reportage, die in erster Linie 1:1 das abbildet, was wir an anderen Sendeplätzen (auch ich selbst wiederholt) hinterfragen, bewerten, analysieren. Interessanter Weise habe ich noch eine andere sehr pointierte Hörer-Reaktion bekommen, in der kritisiert wurde, dass ich die Bedeutung der Bedrohung durch Russland nicht genug thematisiert hätte, dass ich nicht begriffen habe, wie wichtig das Nato-Engagement im Osten des Bündnisses sei – also letztlich eine genau der Ihren entgegengesetzte Wahrnehmung der Reportage. In sofern habe ich, denke ich, die auch in einer Reportage gebotene Sachlichkeit und das Vermeiden von eigener Meinung, die dieses Format verlangt, ganz gut respektiert, scheint mir, wenn zwei so gegensätzliche Interpretationen möglich sind.
Bleiben Sie uns kritisch gewogen,
freundlichst,
Annette Riedel“