FreeAssange Köln: Was wir alles getan haben und wie es weitergeht

Von Andreas Erdmann.

Über vier Jahre hatte uns die Gefangenschaft von Julian Assange in Atem gehalten. Mit vielen Aktionen haben wir hier in Köln, wie viele andere Menschen in der ganzen Welt, uns für die Freilassung von Julian Assange eingesetzt. Es gab ab dem Winter 2019/2020 regelmäßige Mahnwachen und kleinere Aktionen an verschiedenen Stellen in der Stadt. Das erste größere Highlight war unser selbst hergestelltes, sechs Meter großes Banner mit der Aufschrift: „Kriegsverbrechen zu publizieren ist kein Verbrechen – Freiheit für Julian Assange“, Premiere war am Hiroshima-Nagasaki-Gedenktag in Köln am 6. August 2020. Danach, im Herbst, hatten wir die Skulptur „Anything to say?“ von Davide Dormino für drei Tage prominent am Kölner Dom stehen. Im November 2020 organisierte ich mit eine Kunstauktion mit namhaften Künstlern für die finanzielle Unterstützung der Assange-Befreiungsbewegung.

Anschließend verfassten wir einen offenen Brief an Amnesty International Deutschland, der ihre Untätigkeit im Fall Assange anprangerte, was zu einem Aufwachen bei vielen Amnesty-Mitgliedern führte. In der Ortsgruppe von Amnesty International in Köln fanden wir aber schnell erfahrene Mitglieder, die starke Fürsprecher für unser Anliegen wurden. So konnten wir etliche Veranstaltungen mit ihnen als Kooperationspartner bestreiten. Wir zeigten mit ihnen gemeinsam die Filme „Ithaka“ und „Hacking Justice“ und veranstalteten Lesungen des Buches von Nils Melzer „Der Fall Julian Assange – Geschichte einer Verfolgung“ in Köln. Für eine Reise mit dem Bus nach Brüssel zu einem größerem Event für Assange von Free Assange Wave mit unserem Slogan „Hallo Europe – Free Assange“ konnten wir 50 Menschen aus dem Rhein-Ruhr-Gebiet und einzelne aus Berlin und Aachen gewinnen. So konnten wir den Aktionsrahmen aus der reinen Mahnwache heraus erweitern.

Wir selbst waren auch mit dem Banner und der Fahne free Assange bei Veranstaltungen in Berlin und Hamburg anwesend. Und nicht zu vergessen unser Auftritt gemeinsam mit der Friedensgesellschaft DFG-VK Köln bei der Christopher-Street-Parade 2022 in Köln, wo wir am Geburtstag von Julian Assange vor etwa 1,5 Millionen Zuschauern unsere Botschaft kundtun konnten. Jeden anderen offiziellen Termin, der mit Pressefreiheit und Menschenrechten zu tun hatte, haben wir mit Sonderveranstaltungen in die Öffentlichkeit gebracht, oft zentral am Kölner Dom oder zum Beispiel auch beim Kölner Büro der Grünen … Die großen Medien haben nur beschränkt über die Aktionen für die Freiheit von Assange berichtet, weltweit wie auch in Köln.

Vier winterlich gekleidete Personen tragen ein großes weißes Transparent mit schwarzer und roter Aufschrift. Im Hintergrund ein großes gotisches Kirchenportal.
„Kriegsverbrechen publizieren ist kein Verbrechen – Freiheit für Julian Assange!“ – Kundgebung unserer FreeAssange-AG am 9.4.2024 vor dem Kölner Dom. Foto: privat

Noch einmal zur Erinnerung: Julian Assange saß bis zu seiner Freilassung fünf Jahre in einer Zelle mit den Maßen von zwei mal drei Metern (Belmarsh live, Kunstprojekt in Köln). Darin war er 23 Stunden am Tag, eine Stunde konnte er sich in einem vergitterten Betoninnenhof aufhalten. Die Besuchszeiten für die Familie und Anwälte waren in diesem Hochsicherheitsgefängnis, Belmarsh London, auf ein Minimum beschränkt, wie bei einem Schwerkriminellen. Vor der Inhaftierung 2019 konnte er die Botschaft von Ecuador in London, in der er Asyl bekam, sieben Jahre nicht verlassen, da die Londoner Polizei ihn sofort verhaftet hätte. – Das ist alles sehr gut dokumentiert in dem oben genannten Buch von Nils Melzer.

Außerdem nicht zu vergessen ist auch die große Menschenkette in London über zwei Themsebrücken im Oktober 2022. Weil viele Menschen nicht hinfahren konnten und auch die Gefahr bestand, dass wegen nicht genügend Teilnehmern die Kette nicht geschlossen werden könnte, hatten wir in Köln die Idee mit Foto-Avataren von Unterstützern entwickelt, sodass wir mit über 80 Portäts in London dabei sein konnten. Zu unserer Freude waren auch aktive Mitmacher vom Auf-Merker dabei, siehe Ausgabe 11.22 ab Seite 62.

Die Freilassung von Julian Assange im Juni dieses Jahres kam auch für uns überraschend. Die Verhandlungen, die zu diesem Schritt führten, waren natürlich schon länger mit den Regierungsstellen und Anwälten, nicht in der Öffentlichkeit, geführt worden. Dass es nicht zu einer Einstellung der Anklagepunkte gegen Assange kam, sondern zu einem Deal mit einem Schuldeingeständnis, Tatbestand Spionage, führte uns mit einem freudigen (Freilassung) und gleichzeitig weinenden (wütenden) Gefühl die Situation der aktuellen Machtpolitik der westlichen Welt vor Augen. Es ist sicher ein guter Schritt, um Assanges Leben zu retten, der sich jetzt mit seiner Frau und den zwei Kindern in seiner Heimat Australien von Haft und Isolationsfolter zu erholen versucht. Für die Pressefreiheit ist dieses Urteil (Deal) kein gutes Zeichen, weil damit gezeigt wird, dass überall auf der Welt Journalisten unter dem Deckmantel der Anklage wegen „Spionage“ für ihre Arbeit verhaftet und gefoltert werden können (Kommentar dazu von J. F. Kennedy Junior auf X11).

So wird unsere Arbeit für die Presse- und Informationsfreiheit weitergehen: Wir planen für den kommenden Herbst einen Filmabend mit dem Film „Guardians of Truth“ (dessen Titel leider in der deutschen Fassung zu „Kampf um Wahrheit“ wurde) von Can Dündar. Er thematisiert die Wikileaks-Veröffentlichung „Collateral Murder“ von Assange und ist in meinen Augen einer der besten aktuellen Antikriegsfilme. Wir wollen auch den Regisseur zum anschließenden Gespräch einladen.

Ein Mann in orangefarbenem Arbeitsanzug und Pappschild mit dem Gesicht von Julian Assange vor dem Kopf steht in einem Holzkäfig und hält Schilder mit "Pressefreiheit" und roten Fragezeichen in den Händen.
Free Press? Aktion der Arbeitsgruppe „Free Assange“der DFG-VK am Tag der Pressefreiheit, 3. Mai 2024, Köln. Foto: Herbert Sauerwein

Die Wichtigkeit von Presse- und Informationsfreiheit in Kriegszeiten wie heute ist durch die Arbeit von Wikileaks deutlich geworden, in diesem Falle mit einem so hohen Preis, wie die Verfolgung und Folter von Julian Assange zeigen. Ohne Presse- und Informationsfreiheit gibt es keine Demokratie.


Andreas Erdmann ist Bildhauer, Maler und Fotograf, Köln (www.andreaserdmann.de). Er ist in der DFG-VK Gruppe Köln aktiv. Sein Artikel wurde zuerst in der Auf-Merker, Magazin für wache Menschen, Ausgabe 20.2024 (siehe auch t.me/auf_merker), veröffentlicht. Redaktion: Astrid Hellmundt

Artikel zum Download mit Quellenangaben

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