Ziviler Ungehorsam in Büchel bleibt verboten – Landgericht empfiehlt „mildere Mittel“ gegen Atomwaffen – Revision eingelegt
Es folgt die Pressemitteilung der „Widerständigen Alten“ für die Atomwaffenabrüstung vom 19.2.2020. Einige Beweisanträge und Schlussworte aus der Gerichtsverhandlung in Koblenz am 4.2. und 19.2. sind unter dem Text zum Download verlinkt. Informationen zum ersten Verhandlungstag, dem 4.2.2020, finden sich hier.
„Widerständige Alte“ legen Revision gegen Verurteilung wegen Zivilen Ungehorsams gegen die Atomkriegsübungen der Bundeswehr ein
Landgericht Koblenz würdigt gesellschaftlich anerkannte ehrenwerte Ziele der Friedensaktivist*innen und empfiehlt „mildere Mittel“
Koblenz, 19.2.2020. Die 16. kleine Strafkammer des Landgerichts Koblenz lehnte am heutigen Mittwoch den Berufungsantrag von fünf Friedensaktivist*innen im Alter zwischen 67 und 79 Jahren gegen eine Verurteilung wegen Hausfriedensbruchs auf dem Atombombenstandort Büchel (Eifel) ab. Das Gericht würdigte zwar die gesellschaftlich anerkannten ehrenwerten Ziele der Angeklagten, verwarf aber Zivilen Ungehorsam als „mildestes Mittel“ gegen die Atomwaffengefahren und verurteilte alle Angeklagten zu je 30 Tagessätzen und die Übernahme der Gerichtskosten. Die Angeklagten legten dagegen Revision ein.
Die Gruppe, die sich „Widerständige Alte“ nennt, hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt, indem sie am 23.7.2018 die militärischen Sicherheitsanlagen des Bundeswehr-Flugplatzes überwand, auf der Startbahn musizierte und „Blumensamen-Bomben statt Atombomben“ warf.
Das Landgericht lehnte sämtliche Beweisanträge der Angeklagten ab, die ihren Zivilen Ungehorsam mit dem „rechtfertigenden Notstand“ begründeten, der sich aus dem fortgesetzten Bruch menschen- und völkerrechtlicher Normen durch die Bundesrepublik Deutschland ergäbe.
Der angeklagte Arzt Ernst-Ludwig Iskenius aus Lübtheen (Mecklenburg-Vorpommern) stellte fest, es seien viele Fragen offengeblieben: „Was sollen wir denn noch tun, damit die Bundesregierung das Völkerrecht achtet?“ Er appellierte an das Gericht, die Wächterfunktion der Judikative im demokratischen Staat wahrzunehmen.
Auch die Frage des mitangeklagten Diakons Herbert Römpp aus Hilpoltstein (Bayern), ob man die Verletzung von Grundrechten und Völkerrecht durch die Bundesregierung einfach hinnehmen müsse, blieb unbeantwortet.
Die Angeklagten plädierten dafür, das Gericht möge die grundsätzlichen Fragen nach der Angemessenheit Zivilen Ungehorsams durch das Bundesverfassungsgericht klären lassen. Das Gericht lehnte dies ab.
Angeklagt waren: Ariane Dettloff, Journalistin aus Köln; Susanne Großmann, Grundschullehrerin aus Erlangen; Brigitte Janus, Ärztin aus Nürnberg; Herbert Römpp, Diakon aus Hilpoltstein und Ernst Ludwig Iskenius, Arzt aus Lübtheen.
Pressekontakt:
Stefanie Intveen, stefanie.intveen@web.de, 0151 56094920
Ariane Dettloff, arianedettloff@ina-koeln.org, 0221 315783
Pressemitteilung als pdf zum Download.
Hinweise:
- Beweisantrag „Gefahr / Völkerrechtsbruch etc. – Annegret Kramp-Karrenbauer“
- Beweisantrag „Wirksamkeit Zivilen Ungehorsams – Ralf Becker“
- Herbert Römpp: Schlusswort beim Landgericht Koblenz am 19.2.2020
- Ernst-Ludwig Iskenius: Schlusswort beim Landgericht Koblenz am 19.2.2020
- Brigitte Janus: Schlusswort beim Landgericht Koblenz am 19.2.2020
- Susanne Großmann: Schlusswort beim Landgericht Koblenz am 19.2.2020
- Ariane Dettloff: Schlusswort beim Landgericht Koblenz am 19.2.2020
Ältere Hinweise:
- Bericht von SWR Aktuell Rheinland-Pfalz am 4.2.2020 um 19:30 Uhr [Video verfügbar bis 3.2.2021]
- „Wir machen weiter“ – „Widerständige Alte“ vor Gericht – ziviler Ungehorsam bis zur atomaren Abrüstung. Flyer zum 2. Verhandlungstermin am 19.2.2020
- Herbert Römpp, Hilpoltstein: Einlassung beim Landgericht Koblenz, 4.2.2020
- Ernst-Ludwig Iskenius, Lübtheen: Einlassung beim Landgericht Koblenz, 4.2.2020
- Brigitte Janus, Nürnberg: Einlassung beim Landgericht Koblenz, 4.2.2020
- Susanne Großmann, Erlangen: Einlassung beim Landgericht Koblenz, 4.2.2020
- Ariane Dettloff, Köln: Einlassung beim Landgericht Koblenz, 4.2.2020
Letzte Aktualisierung: 25.2.2020 (verlinkte Dokumente)