Menschen- und Verfassungsrechtler: SPD-Bundestagsfraktion soll Kampfdrohnen-Beschaffung ablehnen
Mit einem Offenen Brief haben sich die Menschen- und Verfassungsrechtsanwälte des in Berlin ansässigen European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) an die SPD-Bundestagsfraktion gewandt. Sie fordern die Abgeordneten auf, gegen das Leasing bewaffnungsfähiger Drohnen zu stimmen. Es folgt der Wortlaut des Briefs.
European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR)
Offener Brief an die SPD-Bundestagsfraktion
Berlin, 11/06/2018
Betreff: Stimmen Sie gegen das Leasing bewaffnungsfähiger Drohnen
Betreff: Stimmen Sie gegen das Leasing bewaffnungsfähiger Drohnen
Sehr geehrte Damen und Herren der SPD-Bundestagsfraktion,
wir fordern Sie auf, sich in Ihrer Fraktion dafür einzusetzen, dass der Vorlage des Verteidigungsministeriums zur Beschaffung bewaffnungsfähiger Kampdrohnen des Typs HERON TP am 13. Juni 2018 nicht zugestimmt wird. Folgende Gründe sprechen gegen die Beschaffung bewaffnungsfähiger Drohnen durch den zur Abstimmung stehenden Leasingvertrag.
Der Koalitionsvertrag für die 19. Legislaturperiode legt ausdrücklich fest, dass der Bundestag erst „nach ausführlicher völkerrechtlicher, verfassungsrechtlicher und ethischer Würdigung gesondert“ über die Beschaffung der Bewaffnung von HERON TP Drohnen entscheiden soll. Hierzu soll „die Bundesregierung eine gesonderte Vorlage erstellen und dem Deutschen Bundestag zuleiten.“ Außerdem sind laut Koalitionsvertrag „(v)or einer zukünftigen Beschaffung von bewaffnungsfertigen Drohnen … die konzeptionellen Grundlagen für deren Einsatz zu schaffen.“
All dies hat bisher nicht stattgefunden. Die Anschaffung einer bewaffnungsfähigen Drohne ohne die Entscheidung über die Bewaffnung selbst lehnen wir ab. Diese würde Tür und Tor öffnen, die Bewaffnung zu einem späteren Zeitpunkt bei Bedarf ohne ausreichende Debatte, Vorlagen und konzeptionelle Grundlagen nachzuholen und die Koalitionspartner unter einen Entscheidungs- und Rechtfertigungsdruck setzen, ein einmal bereits angeschafftes teures Drohnensystem auch vollständig nutzbar zu machen.
Eine parlamentarische Debatte unter Einbeziehung von Expert*innen und der Zivilgesellschaft sowie die Schaffung von konzeptionellen Grundlagen für den Einsatz von Kampfdrohnen sind besonders wichtig, da grundlegende Zweifel über die Legalität und die ethische Zulässigkeit von bewaffneten Kampfdrohnen bestehen.
Der Einsatz von Kampfdrohnen in bewaffneten Konflikten ist in vielen Fällen völkerrechtswidrig. Dies betrifft unter anderem die Daten, auf denen Drohnenangriffe beruhen. Sie sind zwangsläufig ungenau, da sie primär aus Fernmelde- und elektronischer Aufklärung stammen und somit den Aufenthalt von Zielpersonen nur mit großer räumlicher, zeitlicher und personeller Ungenauigkeit bestimmen können. Gemäß dem humanitären Völkerrecht sind Luftschläge im Kontext bewaffneter Konflikte ohne ausreichend genaue Information über die Ziele illegal. Dies ergibt sich aus dem Kernprinzip der zwingenden Unterscheidung zwischen militärischen und zivilen Zielen und dem absoluten Verbot willkürlicher Angriffe.
Der Einsatz von Kampfdrohnen verstößt ist in vielen Fällen auch gegen das Recht auf Leben, und somit gegen Artikel 2 und Artikel 25 des Grundgesetzes, Artikel 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention und Artikel 6 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte. Die Menschenrechte gelten auch in bewaffneten Konflikten und werden grundsätzlich nicht durch die Anwendung humanitären Völkerrechts überlagert. Sollten Kampfdrohnen für Tötungen außerhalb bewaffneter Konflikte eingesetzt werden, würden sie sogar grundsätzlich gegen das Recht auf Leben verstoßen.
All dies hat bisher nicht stattgefunden. Die Anschaffung einer bewaffnungsfähigen Drohne ohne die Entscheidung über die Bewaffnung selbst lehnen wir ab. Diese würde Tür und Tor öffnen, die Bewaffnung zu einem späteren Zeitpunkt bei Bedarf ohne ausreichende Debatte, Vorlagen und konzeptionelle Grundlagen nachzuholen und die Koalitionspartner unter einen Entscheidungs- und Rechtfertigungsdruck setzen, ein einmal bereits angeschafftes teures Drohnensystem auch vollständig nutzbar zu machen.
Eine parlamentarische Debatte unter Einbeziehung von Expert*innen und der Zivilgesellschaft sowie die Schaffung von konzeptionellen Grundlagen für den Einsatz von Kampfdrohnen sind besonders wichtig, da grundlegende Zweifel über die Legalität und die ethische Zulässigkeit von bewaffneten Kampfdrohnen bestehen.
Der Einsatz von Kampfdrohnen in bewaffneten Konflikten ist in vielen Fällen völkerrechtswidrig. Dies betrifft unter anderem die Daten, auf denen Drohnenangriffe beruhen. Sie sind zwangsläufig ungenau, da sie primär aus Fernmelde- und elektronischer Aufklärung stammen und somit den Aufenthalt von Zielpersonen nur mit großer räumlicher, zeitlicher und personeller Ungenauigkeit bestimmen können. Gemäß dem humanitären Völkerrecht sind Luftschläge im Kontext bewaffneter Konflikte ohne ausreichend genaue Information über die Ziele illegal. Dies ergibt sich aus dem Kernprinzip der zwingenden Unterscheidung zwischen militärischen und zivilen Zielen und dem absoluten Verbot willkürlicher Angriffe.
Der Einsatz von Kampfdrohnen verstößt ist in vielen Fällen auch gegen das Recht auf Leben, und somit gegen Artikel 2 und Artikel 25 des Grundgesetzes, Artikel 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention und Artikel 6 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte. Die Menschenrechte gelten auch in bewaffneten Konflikten und werden grundsätzlich nicht durch die Anwendung humanitären Völkerrechts überlagert. Sollten Kampfdrohnen für Tötungen außerhalb bewaffneter Konflikte eingesetzt werden, würden sie sogar grundsätzlich gegen das Recht auf Leben verstoßen.
Der Einsatz von Kampfdrohnen fügt in vielen Fällen der zivilen Bevölkerung großes Leid zu. Die Ungenauigkeit von Kampfdrohnen führt in der Praxis zu hohen zivilen Opferzahlen. Da die Angriffe abseits ausgewiesener Schlachtfelder und zu unvorhersehbaren Zeiten stattfinden, können sich Unschuldige außerdem nicht schützen, und leben in ständiger Angst.
Die derzeitige Nutzung von Drohnen durch die USA und andere Länder droht völkerrechtliche Normen und Garantien aufzuweichen,die nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelt wurden, um den Einsatz militärischer Gewalt zu beschränken. Wie der Koalitionsvertrag von 2018 feststellt, sind „fundamentale Prinzipien wie … das Völkerrecht und die universelle Gültigkeit von Menschenrechten … unter Druck und drohen zu erodieren.“ Anstatt Kampfdrohnen zu beschaffen, sollte Deutschland sich für klare rechtliche Beschränkungen der Nutzung solcher Drohnen einsetzen. Nur so kann die Bundesregierung die regelbasierte internationale Ordnung der Vereinten Nationen stärken, wie im Koalitionsvertrag vorgesehen.
Wir fordern Sie auf, aus diesen rechtlichen, ethischen und politischen Gründen dem Leasingvertrag für bewaffnungsfähige Kampfdrohnen nicht zuzustimmen.
Für Rücksprachen bezüglich der aufgeführten Gründe und unseren Positionen stehen wir gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen,
Andreas Schüller
Programmleiter Völkerstraftaten und rechtliche Verantwortung
Andreas Schüller
Programmleiter Völkerstraftaten und rechtliche Verantwortung
European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR)
Tel. 030 / 40605838
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E-Mail:schueller@ecchr.eu