Kölner*innen an Bundestagsabgeordnete: Sagen Sie Nein zu Kampfdrohnen für die Bundeswehr!

Am Morgen des 11. Juni 2018 haben über 350 Abgeordnete des Deutschen Bundestages einen Brief des Kölner Friedensforums mit der DFG-VK Gruppe Köln, dem Arbeitskreis Zivilklausel der Uni Köln und der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) Köln erhalten. Wir fordern die Abgeordneten im Haushaltsausschuss und gegebenenfalls im Plenum des Bundestages auf, die Beschaffung der bewaffungsfähigen Drohnen abzulehnen.

Am Donnertag, den 14. Juni, von 17:40 – 18:25 Uhr steht die Beschaffung bewaffnungsfähiger Drohnen im Plenum des Bundestags auf der Tagesordnung. Davor muss am Mittwoch am frühen Nachmittag der Haushaltsausschuss die dafür benötigten über 900 Millionen Euro freigeben.

Hier des folgt der Wortlaut des Briefs (pdf zum Download):


Auf königsblauem Grund ist in rot rechts das Peace-Zeichen und links der Kölner Dom skizziert.

Kölner Friedensforum
c/o Friedensbildungswerk
Obenmarspforten 7 – 11
50667 Köln

An
die Kölner Bundestagsabgeordneten
Reinhard Houben, FDP
Karsten Möring und Prof. Dr. Heribert Hirte, CDU
Matthias Birkwald, Die Linke
Katharina Dröge und Sven Lehmann, Bündnis 90/Die Grünen
Dr. Rolf Mützenich und Prof. Dr. Karl Lauterbach, SPD
sowie die Abgeordneten des Verteidigungsausschusses und des Haushaltsausschusses zur Sitzung am 13. Juni
und die Mitglieder des Auswärtigen Ausschuss, des Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe und des Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz

Sehr geehrte Damen und Herren Bundestagsabgeordnete,

das Verteidigungsministerium hat dem Haushaltsausschuss für die Sitzung am 13. Juni eine Vorlage zur Bewilligung eines neunjährigen Airbus-Leasingvertrages für fünf bewaffnungsfähige Drohnen des Typs Heron TP der staatlichen Firma Israel Aeronautics Industries vorgelegt.

Zum ersten Mal würden deutsche Soldaten Drohnen erhalten, die Waffen tragen können. Die Kosten für das Leasing und die Wartung der neuen Drohnen betragen über eine Milliarde Euro. Die Kosten einer möglichen Bewaffnung sind noch nicht bekannt.

Die Vertreter*innen des Kölner Friedensforums fordern Sie auf:

Sagen Sie Nein zum Leasingvertrag für bewaffnungsfähige Drohnen für die Bundeswehr!

Sie haben es – noch – in der Hand, dem überwiegenden Willen der Mehrheit in der Bevölkerung gegen Kampfdrohnen gerecht zu werden.

Unsere Gründe für die Ablehnung der Drohnen sind sehr vielfältig, hier die wichtigsten:

  • Diese fliegenden Killerroboter, gesteuert von Soldaten, die weit weg in einem klimatisierten Raum vor einem Bildschirm sitzen, führen zur zeitlichen und räumlichen Entgrenzung des Krieges.
  • Völkerrechtlich umstrittene Tötungen von Terrorverdächtigen rissen bislang immer unschuldige Menschen mit in Tod und Verletzung.
  • Der Tod per Mausklick setzt die Hemmschwelle fürs Töten erheblich herab. Schuldgefühle zermartern trotzdem die Todesschützen und machen sie oft psychisch krank.

Darum: Stimmen Sie dagegen. Sagen Sie: Keine Kampfdrohnen für die Bundeswehr!

Diese Waffen haben in den Ländern, in denen sie eingesetzt wurden, nur Hass geschürt und keinen Frieden gebracht. Sie sind besonders im Rahmen von Völkerrechtsverletzungen wie sogenannte ‚gezielte’ Tötungen bekannt geworden,

erklärt Elsa Rassbach, eine Sprecherin der US-Friedensorganisation CODEPINK und Vertreterin von Attac und DFG-VK.

Wir lehnen Kampfdrohnen auch deswegen ab, weil ihr Einsatz die Schwelle zu bewaffneten Aggressionen weiter senkt, eine neue Rüstungsspirale in Gang setzt und die Entwicklung von noch schrecklicher Kriegsführung durch autonome Killer-Roboter fördert,

fügt sie hinzu. Die Moderatorin der Friedenskoordination Berlin, Laura von Wimmersperg, betont:

Kampfdrohnen und Drohnenkrieg gehören zu den wichtigsten Themen der Friedensbewegung, weil mit der Automatisierung und der Digitalisierung der Waffensysteme ein sehr gefährliches neues Paradigma in der Kriegsführung begonnen hat. Hiermit wird sich die Menschheit vermutlich lange auseinandersetzten müssen.

Aufgrund der wichtigen Entscheidung im Bundestag am 13. Juni stehen Ihnen Vertreter*innen und Drohnenexpert*innen der deutschen und US-Friedensbewegungen ab 8:30 Uhr vor dem Südeingang des Paul-Löbe-Hauses [in Berlin] für Interviews zur Verfügung, um die zur Sitzung eintreffenden Bundestagsabgeordneten an ihre Verantwortlichkeit zu erinnern.

Durch eine visuell kreative Aktion wird unsere und die Besorgnis der Bevölkerung und vieler politischer Vertreter*innen über die rasche internationale Entwicklung und Verbreitung von automatisierten und digitalisierten Waffensystemen sowie über den oftmals völkerrechtswidrigen Einsatz zum Ausdruck gebracht.

Anschließend lädt die Friedenskoordination Berlin im Auftrag der bundesweiten „Drohnen-Kampagne“, die von 150 Organisationen getragenen wird, zu einer Veranstaltung unter dem Titel „Bewaffnungsfähige Drohnen für Deutschland?“ ein. Sie findet von 12 bis 13 Uhr zwischen dem Paul-Löbe-Haus und dem Platz der Republik statt.

Neben Vertreter*innen der Friedens- und Menschenrechtsorganisationen werden folgende Bundestagsabgeordnete zwischen 12:15 und 12:45 Uhr kurze Redebeiträge halten:

  • Dr. Karl-Heinz Brunner, Mitglied der SPD im Verteidigungsausschuss, im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz und Obmann des Unterausschusses „Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung“
  • Andrej Hunko, Mitglied des Parteivorstandes DIE LINKE und der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, europapolitischer Sprecher der Fraktion im Bundestag
  • Katja Keul, Mitglied des Verteidigungsausschusses, Obfrau des Unterausschusses „Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung“ und Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen für Abrüstungspolitik

Mitglieder der CDU/CSU und der FDP Bundestagsfraktion im Unterausschuss „Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung” sind ebenfalls angefragt worden.

Eine große Gruppe von europäisch und pakistanisch-indisch aussehenden Menschen jeden Alters versammeln sich hinter einem selbst beschrifteten pinkfarbenen Transparent mit der Aufschrift "Stop Killer Drones!"

US-Friedensaktivist*innen und pakistanische Familien protestieren gemeinsam gegen Drohnenkrieg in Pakistan

Das Verteidigungsministerium hat in diesem Jahr dem Haushaltsausschuss nun fast die gleiche Vorlage zur Bewilligung eines Airbus-Leasingvertrages für fünf bewaffnungsfähige Heron TP Drohnen vorgelegt, die von der SPD im letzten Jahr noch mit der Begründung abgelehnt wurde, dass das Verteidigungsministerium die Bewaffnung bereits mitgeordert habe. Laut dem Koalitionsvertrag von 2018 sollen die bewaffnungsfähigen Drohnen vorerst ausschließlich für Aufklärungszwecke eingesetzt werden. Nach einer weiteren Vorlage des Verteidigungsministeriums könnte jedoch eine Bewaffnung der Drohnen erfolgen.

Wie schon im Frühling 2017 haben viele Bürger*innen in den letzten Wochen ihre Sorge über den Kampfdrohnen-Beschaffungsplan durch Schreiben an Bundestagsabgeordnete aller Fraktionen zum Ausdruck gebracht.

Weltweit  wurde registriert, dass sich im Juni 2017 der Haushaltsausschuss weigerte, dem Leasingvertrag für die Heron TP Drohnen zuzustimmen. So schrieb ein bekannter US-Drohnenkriegsexperte in seinem Blog:

Zum ersten Mal in der Geschichte hat sich ein Gesetzgeber dagegen entschieden, Drohnen zu bewaffnen … mit Signalwirkung für alle, die sich im Deutschen Bundestag um Menschenrechte und Ethik bemühen, und eine vorbildliche Position, die in starkem Gegensatz dazu steht, dass im US-Kongress menschenrechtliche Aspekte der Tötung durch Drohnen keine Rolle spielen.

Die im Koalitionsvertrag vorgesehene ausführliche Aussprache im Deutschen Bundestag hat bisher nicht stattgefunden. Außerdem bestehen erhebliche Bedenken dahingehend, dass bewaffnete Kampfdrohnen eine Verletzung des Völkerrechts darstellen.

Wir hoffen, dass die Mitglieder des Haushaltsausschusses und des Verteidigungsausschusses diesmal wieder, wie die meisten Oppositionsparteien, auch in diesem Jahr die Kampfdrohnen-Beschaffung verweigern werden.

Wir veröffentlichen unser Schreiben an Sie auf unseren Internetseiten und bitten Sie um Ihre Stellungnahme, die wir ebenfalls veröffentlichen werden.

Mit freundlichen Grüßen

Michael Sünner

im Auftrag des Kölner Friedensforums,
der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) Köln,
des Arbeitskreis Zivilklausel der Uni Köln und
der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) Köln

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