Ehemaliger Technischer Direktor der NSA William Binney: keine Hackerangriffe aus Russland
Am 29. Dezember 2016 verhängte Präsident Obama weitere Sanktionen gegen Russland, darunter nach Angaben der New York Times die Ausweisung von 35 russischen Geheimagenten. Die FAZ schrieb in ihrer Online-Ausgabe:
„Obama warf Russland eine „aggressive Belästigung“ von amerikanischen Beamten vor und kündigte an, „zu gegebener Zeit“ weitere Strafmaßnahmen gegen Russland zu ergreifen, die jedoch teilweise geheim gehalten würden. Die Verbündeten Amerikas rief der Präsident auf, sich Russlands Versuchen entgegenzustellen, sich in „demokratische Regierungsführung einzumischen“.“
Der Hintergrund der Vorwürfe besteht darin, dass die russische Regierung angeblich die US-Präsidentschaftswahlen durch Cyber-Angriffe, insbesondere das Eindringen in Server der Demokratischen Partei und Entwendung von vertraulichen Emails, zugunsten des Kandidaten Donald Trump manipuliert haben soll. Die Emails wurden von WikiLeaks veröffentlicht.
Obama begründet die Verhängung der Sanktionen mit Erkenntnissen, die in einem gemeinsamen Bericht des Heimatschutzministerium (Department of Homeland Security, DHS) und des FBI unter dem Titel „GRIZZLY STEPPE – Russian Malicious Cyber Activity“ („Grizzly-Steppe – Russische bösartige Cyber-Tätigkeit“) dokumentiert wurden.
Wikileaks twitterte am selben Tag (eigene Übersetzung): „Obama’s Russland-Sanktionen: beachtet, dass der heute veröffentlichte Bericht über
„Hackerangriffe“ 1) WikiLeaks nicht erwähnt, 2) den folgenden Haftungsausschluss trägt“. Es folgt das Bildschirmfoto des Haftungsausschlusses, welcher auf der ersten Seite des Berichts zu lesen ist. Er lautet übersetzt: „Dieser Bericht wird nur zu Informationszwecken gemäß aktuellem Stand zur Verfügung gestellt. Das Heimatschutzministerium (DHS) übernimmt keine Gewähr jeglicher Art zu irgendwelchen Informationen, die hierin enthalten sind.“
Es überrascht kaum, dass sich die beiden Behörden, welche den Bericht veröffentlicht haben, von seinem Inhalt distanzieren. William Binney, ein ehemaliger Technischer Direktor der NSA, welcher im NSA-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages aussagte, und fünf weitere ehemals hochrangige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von US-Nachrichtendiensten haben zu den Vorwürfen russischer Hackerangriffe bereits am 12. Dezember 2016 eindeutig Stellung genommen. Sie monieren, dass die US-Regierung keinerlei Beweise für ihre Anschuldigungen vorgelegt hätte, was ohne Gefahr für Zuträger oder technische Systeme möglich wäre, wenn die Anschuldigungen auf Fakten beruhten. Sie erklären die Funktionsweise und den Umfang der Überwachung des Internet-Verkehrs, welche in die Zuständigkeit der NSA fällt, und schreiben: „(…) angesichts dessen, was wir über die bestehenden Fähigkeiten der NSA wissen, ist es völlig unglaubwürdig, dass die NSA nicht in der Lage wäre, jeden – ob Russe oder nicht – zu identifizieren, der versuchen würde, durch Hacking in eine US-Wahl einzugreifen.“
Stefanie Intveen