Von Guido Grünewald. Aktualisierte Fassung vom 28.4.2018.1
1885 reiste der englische Pazifist Hodgson Pratt nach Deutschland, um die Bildung von Friedensgesellschaften anzuregen. Er kam auch nach Köln, hatte dort aber keinen Erfolg.
Die Kölner Gruppe der DFG wurde wahrscheinlich erst 1912 gegründet. Köln war damit unter den großen Städten im Deutschen Reich ein Nachzügler (Gründung der DFG auf Reichsebene 1892). Vorsitzender wurde zunächst der Architekt Wilhelm Schulz, wahrscheinlich ab 1913 Rechtsanwalt Paul Adam Esch2.
Schlagzeilen machte aber als erster der wohlhabende Kaufmann Hubert Joseph Hausmann3, der 1912 von der Staatsanwaltschaft wegen angeblicher Beleidung des Vorstands des Deutschen Wehrvereins, Ortsgruppe Köln, verklagt wurde. Hausmann hatte unaufgefordert einen Aufruf zum Beitritt zum Wehrverein erhalten, diesen aber zurückgeschickt mit der Bemerkung, er bitte,
vernünftige Menschen mit derartigen Eseleien zu verschonen.
Hausmann wurde in 1. Instanz freigesprochen; über den Ausgang des Berufungsverfahrens ist nichts bekannt.4
Esch war offenbar rührig. Für den Winter 1914 plante er eine Veranstaltung mit Bertha von Suttner; im Februar 1914 war er an der Gründung der Ortsgruppe Aachen beteiligt. Im Mai 1914 nahm er am VII. Deutschen Friedenskongress in Kaiserslautern (gleichzeitig Hauptversammlung der DFG) teil und meldete sich zu Wort. Zuvor hatte die Kölner Gruppe einen Vortragsabend mit dem päpstlichen Hausprälaten und Vorsitzenden der Ungarischen Friedensvereinigung, Domherr Alexander Gießwein, veranstaltet, der vor allem in katholischen Kreisen Anklang fand. Esch zielte im „hilligen“ Köln offenbar auf engere Kontakte zur kommunalpolitisch dominierenden Zentrumspartei ab. Allerdings übersah er dabei, dass das Zentrum seit Ende des Kulturkampfes auch auf Drängen des Papstes seine bisherige antimilitaristische Linie verloren und 1898 der Vorlage zum Bau einer großen Kriegsflotte zugestimmt hatte.5
In den ersten Wochen nach Beginn des 1. Weltkriegs zeigte sich die Kölner Gruppe kämpferisch: Jetzt, nicht erst nach Kriegsende sei es Zeit, „die Stimme für den Frieden“ zu erheben.
Die Militärbehörden verhinderten durch Verbotsmaßnahmen jedoch bald eine weitere aktive Tätigkeit.
1 Über die Jahre bis 1945 liegen nur wenige Unterlagen vor; die folgenden Informationen setzen sich aus Mosaiksteinen zusammen.
2 Adam Paul Esch (1875-1950) war Rechtsanwalt beim Oberlandesgericht Köln, wurde wohlhabend und betätigte sich als Kunstsammler; später schenkte er den Kölner Museen diverse Kunstwerke. Nach dem 1. Weltkrieg war Esch aus pazifistischen Motiven einige Zeit in der Rheinischen Volksvereinigung und im Reichs- und Heimatbund deutscher Katholiken tätig, die einen Rheinstaat im Rahmen des Reichsverbundes anstrebten; in der DFG war er nicht mehr aktiv.
3 Hubert Joseph Hausmann (1874-1932) war Hundeliebhaber, Anhänger von Richard Wagner und Besitzer von 5 Immobilien. 1927 gründete er die Joseph-Hausmann-Stiftung für junge Musiker; seinen Besitz vermachte er testamentarisch der Stadt Köln. In der DFG trat er nicht weiter hervor.
4 Die Friedens-Warte, 14. Jg. 1912, S. 309f. Der Freispruch ist durchaus ungewöhnlich, wurde doch die Friedensbewegung im Kaiserreich von der Presse entweder ignoriert oder mit Hohn und Spott überschüttet und von den tonangebenden Nationalisten erbittert bekämpft. Bezeichnend ist, dass die Staatsanwaltschaft von sich aus Klage erhob.
5 Esch suchte wohl vor allem den Kontakt zu Karl Bachem, wichtiger Impulsgeber der Zentrumspartei und einflussreicher Redakteur (ab 1915 Chefredakteur) der von seinem Vater gegründeten Kölnischen Volkszeitung. Innerhalb des Zentrums war Bachem zwar einer der wichtigsten Reformer, er war aber auch überzeugter Monarchist und unterstützte im 1. Weltkrieg vorbehaltlos die annexionistische Kriegs- und Durchhaltepolitik der Obersten Heeresleitung.