Unterstützt die Universität zu Köln die „Academics for Peace“ in der Türkei?

In einer öffentlichen Sitzung am Mittwoch, den 13. Juli 2016 wird der Senat der Universität zu Köln darüber befinden, ob er sich mit den „Academics for Peace“ solidarisiert. Die „Academics for Peace“ sind eine Gruppe von Wissenschaftlern aus der Türkei, die im Januar 2016 öffentlich gegen die gewalttätigen Angriffe der türkischen Regierung auf Gruppen der eigenen Bürger und die Zerstörung von Wohnvierteln mit Kriegswaffen protestiert haben und nun selbst Repressalien ausgesetzt sind. Zu den betroffenen Wissenschaftlern gehört der deutsche Staatsbürger Dr. Sharo Garip, welcher 2012 an der Universität zu Köln promoviert wurde und an einer türkischen Universität Soziologie lehrt.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch berichtete am 16. März 2016 über die Situation der „Wissenschaftler für den Frieden“ und veröffentlichte Auszüge aus Gesprächen mit Betroffenen, darunter Dr. Garip: https://www.hrw.org/news/2016/03/16/turkey-academics-jailed-signing-petition (englisch).

Senta Pineau, Senatorin der Studierenden, dazu: „Dies ist ein Angriff der türkischen Regierung gegen demokratische, kritische und verantwortungsbewusste Wissenschaft überall. In diesem Sinne hat es große Bedeutung für alle, wenn hierzulande Institutionen der Zivilgesellschaft – gerade Hochschulen – an der Seite der „Wissenschaftler für den Frieden“ Stellung beziehen.“.

Interessierte BesucherInnen der Senatssitzung sind willkommen.

13. Juli 2016, 15:00 Uhr, Neuer Senatssaal im Hauptgebäude der Universität zu Köln, Albertus-Magnus-Platz, 50923 Köln

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Im Folgenden finden sich Texte zur Vorbereitung auf die Sitzung am 13. Juli 2016.

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Beschluss des Studierendenparlaments: Solidarität mit Sharo Garip und den „Academics for peace“

In der Türkei lehnen sich mutige Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gegen die antidemokratische und kriegerische Politik der AKP-Regierung auf. Weil diese Kritik ihre Machenschaften gefährdet, will die AKP-Regierung diese Menschen nun einschüchtern, hat DozentInnen und LehrerInnen entlassen, suspendiert und ins Gefängnis gesteckt, ebenso versucht die AKP-Regierung gegen JournalistInnen, SchülerInnen und alle Oppositionellen vorzugehen. Betroffen von den Repressionen der AKP-Regierung ist auch ein Absolvent der Universität Köln, Sharo Garip, der bei Prof. Kaiser 2012 zum Thema „Ethnische Konflikte im Vergleich Baskenland-Kurdistan“ promoviert hat. Er engagiert sich in der Türkei gegen die Politik der AKP-Regierung und für die inhaftierten Kolleginnen und Kollegen. Gegen ihn als deutschen Staatsbürger wurde deshalb ein Ausreiseverbot aus der Türkei verhängt.

Das Studierendenparlament setzt sich dafür ein, dass der Senat bzw. das Rektorat sich in einem Brief an das Auswärtige Amt richtet mit der Forderung, dass dieses sich für die Reisefreiheit von Sharo Garip einsetzt. Es ruft den Senat auf, sich an der Solidaritätskampagne für die „Academics for peace“ zu beteiligen. Als Bürgerinnen und Bürger haben wir Verantwortung dafür, dass unsere Regierung sich nicht zum Teil der Verbrechen in der Türkei macht, um ihre eigenen (gegen Asylsuchende) zu ermöglichen. Ermöglicht wird ein derartiges Gebaren des türkischen Präsidenten gegenüber seiner Bevölkerung nämlich auch durch das unterwürfige Verhalten der deutschen Regierung, die damit ihren unmenschlichen Flüchtlingsdeal mit der türkischen Regierung absichern will, der faktisch das grundgesetzlich geschützte Recht auf Asyl entgegen internationalem Recht aufhebt.

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Beschlussantrag an den Senat zur Sitzung am 13.07.2016: „Nicht in unserem Namen“ – Solidarität mit den „Academics for Peace“ in der Türkei

„Die Universität zu Köln setzt sich im Sinne ihrer Grundordnung für die Verwirklichung der Freiheit der Wissenschaft in gesellschaftlicher Verantwortung ein und trägt zu einer „nachhaltigen, friedlichen und demokratischen Welt“ bei.

Vor diesen Hintergrund ist der Senat der Universität zu Köln über die politischen Entwicklungen in der Türkei in den letzten Monaten besorgt, wo Grundrechte von der dortigen Regierung zunehmend eingeschränkt und RegierungskritikerInnen verfolgt werden.

Der Senat solidarisiert sich mit den WissenschaftlerInnen, die sich dort gegen den Krieg ihrer Regierung stellen und damit für Demokratie und Frieden einstehen. Der Senat unterstützt den Aufruf „Nicht in unserem Namen“ der „Academics for Peace“, welcher sich gegen den Krieg der türkischen Regierung in den kurdischen Gebieten richtet und für eine Friedenslösung ausspricht und mittlerweile von über 2000 türkischen WissenschaftlerInnen und über 300 AkademikerInnen aus dem Ausland unterzeichnet wurde.

Speziell betroffen von den Repressionen der AKP-Regierung ist auch ein Absolvent der Universität zu Köln, Sharo Garip, der bei Prof. Kaiser 2012 zum Thema „Ethnische Konflikte im Vergleich Baskenland- Kurdistan“ promoviert hat. Er engagiert sich in der Türkei gegen die Politik der AKP-Regierung und unterstützte den Aufruf. Daraufhin wurde sein Arbeitsvertrag an der Universität Van nicht verlängert und gegen ihn ein Ausreiseverbot aus der Türkei verhängt. Sharo Garip ist deutscher Staatsbürger.

Der Senat der Uni Köln kritisiert aufs Schärfste das repressive Vorgehen der türkischen Regierung gegen die unterzeichnenden WissenschaftlerInnen und die damit verbundene Einschränkung der Wissenschaftsfreiheit. Dies ist ein Angriff gegen demokratische, kritische und verantwortungsbewusste Wissenschaft überall.

Der Senat fordert die Bundesregierung dazu auf, auf ein sofortiges Kriegsende in der Türkei, die Sicherung von Wissenschaftsfreiheit und die Beendigung der Verfolgung kritischer WissenschaftlerInnen hinzuwirken.

Des Weiteren organisiert der Senat eine Veranstaltung mit türkischen und internationalen UnterstützerInnen des Aufrufs sowie WissenschaftlerInnen der Uni Köln, um über gemeinsame Herausforderungen einer Wissenschaft für den Frieden zu diskutieren.“

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Academics for Peace: Aufruf „Nicht in unserem Namen!“, 11. Januar 2016 (deutsche Übersetzung)

„Der Türkische Staat verurteilt seine Bürger/innen in Sur, Silvan, Nusaybin, Cizre und in vielen weiteren Orten mit wochenlangen Ausgangssperren zum Verhungern und Ausdursten. Unter kriegsartigen Zuständen werden ganze Viertel und Stadtteile mit schweren Waffen angegriffen.

Das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit, auf Freiheit und Sicherheit vor Übergriffen, insbesondere das Verbot von Folter und Misshandlung, praktisch alle Freiheitsrechte, die durch die Verfassung und durch von der Türkei unterzeichnete internationale Abkommen unter Schutz stehen, werden verletzt und außer Kraft gesetzt. Diese gezielt und systematisch umgesetzte gewaltsame Vorgehensweise entbehrt jeglicher rechtlicher Grundlage. Sie ist nicht nur ein schwerwiegender Eingriff in die Rechtsordnung, sondern verletzt internationale Rechtsnormen wie das Völkerrecht, an die die Türkei gebunden ist.

Wir fordern den Staat auf, diese Vernichtungs- und Vertreibungspolitik gegenüber der gesamten Bevölkerung der Region, die jedoch hauptsächlich gegen die kurdische Bevölkerung gerichtet ist, sofort einzustellen. Alle Ausgangssperren müssen sofort aufgehoben werden. Die Täter und die Verantwortlichen der Menschenrechtsverletzungen müssen zur Rechenschaft gezogen werden. Die materiellen und immateriellen Schäden, die von der Bevölkerung zu beklagen sind, müssen dokumentiert und wiedergutgemacht werden. Zu diesem Zweck verlangen wir, dass nationale und internationale unabhängige Beobachter freien Zugang zu den zerstörten Gebieten erhalten, um die Situation vor Ort einzuschätzen und zu dokumentieren.

Wir fordern die Regierung auf, die Bedingungen für eine friedliche Beilegung des Konflikts zu schaffen. Hierfür soll die Regierung eine Roadmap vorlegen, die Verhandlungen ermöglicht und die Forderungen der politischen Vertretung der kurdischen Bewegung berücksichtigt. Um die breite Öffentlichkeit in diesen Prozess einzubinden, müssen unabhängige Beobachter aus der Bevölkerung zu den Verhandlungen zugelassen werden. Wir bekunden hiermit unsere Bereitschaft, freiwillig an dem Friedensprozess teilzunehmen. Wir stellen uns gegen alle repressiven Maßnahmen, die auf die Unterdrückung der gesellschaftlichen Opposition gerichtet sind. Wir fordern die sofortige Einstellung der staatlichen Repressionen gegen die Bürger/innen.

Als Akademiker/innen und Wissenschaftler/innen dieses Landes bekunden wir hiermit, dass wir nicht Teil dieser Verbrechen sein werden und in den politischen Parteien, im Parlament und in der internationalen Öffentlichkeit, Initiative ergreifen werden, bis unser Anliegen Gehör findet.“

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