Solidarisches Klimabündnis beim Ostermarsch: „Gemeinsam mit den Vielen die Welt erkämpfen, die wir uns wünschen – gerecht, ökologisch und friedlich!“
Beim Ostermarsch-Auftakt am 3.4.2021 hielt Paul eine Rede für das „Solidarische Klimabündnis“:
Hallo zusammen!
Ich bin Paul vom Solidarischen Klimabündnis. Da glaube ich viele Menschen noch nie von uns gehört haben, kurz ein paar Worte zu uns: Wir sind ein Zusammenschluss aus Klimagerechtigkeitsgruppen, Gewerkschaften und anderen zivilgesellschaftlichen Akteur*innen – Darunter auch die DFG-VK, die uns für heute eingeladen hat. Wir haben uns im Zuge der „Fridays for Future“-Großdemos im Jahr 2019 gegründet und gemeinsam die Streiks organisiert, aber zum Beispiel auch im letzten Jahr Solidaritätsaktionen für die Streikenden aus dem Nahverkehr, die bei ver.di organisiert sind, veranstaltet.
Unser Ziel ist es im Raum Köln-Leverkusen-Bonn eine sozial- ökologische Wende voranzubringen. Das bedeutet für uns, die Klimakrise nicht nur als ein alleinstehendes Problem zu betrachten, sondern als einen Komplex zu begreifen. Denn nicht die Menschen, die ihr täglich Brot in der Kohlegrube verdienen, sind das Problem, sondern das Geflecht aus Politik und Wirtschaft, das eine tote Industrie noch 17 Jahre künstlich am Leben erhält. Nicht die alleinerziehende Mutter, die von ihrem wenigen Geld für sich und ihre Kinder billig produziertes Fleisch einkauft, sondern die Erlaubnis und Förderung von Massentierhaltung sind das Problem. Nicht die Menschen, die im zerstörten Nigerdelta im Auftrag von Shell für wenige Cents das Erdöl unserer Motoren fördern, sondern ihre Ausbeutung sind das Problem. Für uns ist glasklar: Der Schutz unserer Umwelt und der globale Kampf für soziale Gerechtigkeit sind nicht gegensätzlich – sie können nur Hand in Hand gedacht werden!
Deshalb werden wir uns weiter gegen das Ausspielen von Arbeitsplätzen und Klimaschutzinteressen stellen!
Und in der Reihe an Krisen, in der wir uns befinden, treten auch immer stärker die anderen Symptome des strukturellen Problems, mit dem wir uns konfrontiert sehen, ans Tageslicht: Weltweit werden Menschen für ihre Herkunft, ihre Hautfarbe, ihr Geschlecht oder ihre Sexualität unterdrückt und dazu gezwungen, an der Zerstörung unserer Lebensgrundlage mitzuwirken. Allein das Fortbestehen dieser Strukturen sorgt dafür, dass wenige viel haben. Und da wo wenige viel haben, haben nun mal viele wenig. Ergo: Wenn wir nicht begreifen, dass wir eine Umverteilung und damit auch eine Demokratisierung der weltweiten Ressourcen brauchen, haben wir keine Chance im Kampf gegen die Klimakrise, gegen koloniale Strukturen und gegen Kriege!
Wir sind hier, um gegen den absoluten Gipfel der Perversion des Ist-Zustands zu demonstrieren: Bewaffnete Konflikte. Denn der größte Hohn an Krieg ist, dass sich mit dem Töten von Menschen Geld verdienen lässt. Viel Geld. Kein Wunder also, dass auch deutsche Waffen in Gebiete geliefert werden, in denen sich die Ausgebeuteten gegenseitig bekämpfen, weil sie politisch unterdrückt werden. Oder weil ihnen noch nicht einmal ein Existenzminimum zugesichert werden kann. In Gebiete, in denen die ungerechten Gesellschaftsstrukturen von gestern den immer schlimmer werdenden Problemen von heute, wie zum Beispiel der Klimakrise, standhalten sollen. Doch anstatt die Waffenlieferungen zu beenden und damit die Eskalation von Konflikten nicht weiter anzufeuern, wird die Abwärtsspirale nur weiter verstärkt. Denn nicht nur die Zivilist*innen fallen Bombardements zum Opfer, sondern auch ihre Wälder, ihre Häuser und an langer Hand auch das globale Klima. Ich denke es ist bekannt, dass das US-amerikanische Militär mehr Emissionen verbraucht, als alle Länder Afrikas. Um die Arroganz am Ende dieser Kette zu komplettieren, intervenieren dann Länder aus dem globalen Norden, um „humanitäre Hilfe“ zu leisten. Wie absurd ist es bitte, dass unsere Hilfsstrukturen Menschen notdürftig versorgen sollen, die sich vorher mit den von uns gelieferten und von unserer Regierung genehmigten Kriegsmaschinen umgebracht haben?
Nicht zu vergessen ist im Zusammenhang von Krieg und Klimakrise natürlich auch noch der Fakt, dass es bei den Konflikten immer wieder um die strategische Sicherung fossiler und dreckiger Brennstoffe für unsere Industrie geht. Egal ob um Öl im Irak oder Erdgas in Syrien, Libyen und der Ukraine – das westliche Interesse an diesen Konflikten steht häufig auch im Zusammenhang mit der Wahrung der eigenen Energieversorgung.
Doch zurück zum großen Muster, dass ich versucht habe aufzumachen: Erst beuten wir die Menschen aus, um im globalen Norden Umweltkatastrophen, konkret die Klimakrise anzufeuern. Darauf folgt ein größerer Druck auf die Gesellschaften im globalen Süden, was zu Migration oder Aufständen führt. Die flüchtenden Menschen lassen wir an unseren Grenzen elendig verrecken, während wir Waffen in die Krisengebiete liefern und damit die Armut und das Elend noch weiter verstärken.
Krieg ist also nicht nur Treiber der Klimakrise, sondern auch eine logische Folge. Doch damit nicht genug. Erinnern wir uns zurück an die anderen Formen der systematischen Unterdrückung: Frauen leiden deutlich mehr unter der Klimakrise als Männer. Die meisten Menschen, deren Leben der Klimawandel schon heute maßgeblich beeinflusst, sind nicht-weiße Menschen im globalen Süden. Und zu guter Letzt ist da noch die Abschottung der Verursacher und das Erstarken rechter Strukturen in Folge der zunehmenden Migration in Richtung Europa und die USA. Unser Kampf für das Klima ist ein Kampf gegen Rassismus, Sexismus und gegen Rechts!
Wer die Verlierer*innen von Krieg sind, ist, denke ich, klar geworden. Spannender ist die Frage, wer die Gewinner*innen von Krieg sind? Das bin unter anderem ich. Das sind aber vermutlich auch viele aus dem Publikum. Denn wir sitzen in Deutschland beziehungsweise dem globalen Norden auf dem Reichtum, der durch jahrhundertelangen Imperialismus generiert wurde. Einige mehr, andere weniger. Am meisten haben aber sicherlich die Drahtzieher*innen hinter der globalen Ungerechtigkeit profitiert: Sie sind gefangen im Glauben an das unendliche Wachstum und ihren Gott, das Geld. Doch das Skurrile ist: Ich vermute, dass selbst, wenn sie wollten, sie vermutlich nicht mehr umkehren könnten. Zu sehr ernährt sich das System von selbst. Wer nicht mehr mitspielen mag, ist schnell weg vom Fenster. Auch deshalb werden wir weiter ins offene Messer laufen, wenn wir nicht endlich unsere Privilegien erkennen, mit ihnen brechen und gemeinsam mit den Vielen die Welt erkämpfen, die wir uns wünschen – gerecht, ökologisch und friedlich!