Kriegsgefahr

In seiner lesenswerten Einleitung zum gerade erschienenen „Kritischen Jahrbuch 2016/17 – Nachdenken über Deutschland“ schreibt Albrecht Müller:

„Die Kriegsgefahr ist größer geworden. An der Spirale der Kriegshetze und Kriegsvorbereitung wird ständig weitergedreht. „Die Bevölkerung wird angehalten, einen individuellen Vorrat an Lebensmitteln von zehn Tagen vorzuhalten“, heißt es in der „Konzeption zivile Verteidigung“, die das Bundesinnenministerium erarbeitet hat. Den meisten von uns kommt diese Art von Kriegsvorbereitung lächerlich vor. Das ist es wohl auch, angesichts der drohenden Gefahr eines Atomkriegs in Europa. Aber sehr viele Menschen in Deutschland halten diese Gefahr entweder für nicht gegeben, oder sie haben sich an Kriege schon gewöhnt. Für jemanden wie mich, der den Zweiten Weltkrieg mit all seinem Elend als Kind noch miterlebt hat, ist es atemberaubend, jetzt zu beobachten, mit welcher Leichtigkeit Kriege als führbar und als hilfreich für die Lösung politischer Probleme und Konflikte betrachtet werden.

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Wer sich mit dem Verhältnis zwischen West und Ost beschäftigen will, wer verstehen will, welche gefährliche Entwicklung seit gut zwanzig Jahren eingeschlagen wird, sollte die zitierte Rede Präsident Putins im Deutschen Bundestag lesen oder anhören. Man versteht danach besser, wie sehr Russland und die Russen davon betroffen sind, wie leichtfertig von westlicher Seite die ausgestreckte Hand ausgeschlagen wird.

Als Putin 2001 im Deutschen Bundestag redete, hatten die westliche Führungsmacht USA und die NATO schon lange das Ziel und die Strategie ihrer Politik geändert. Von gemeinsamer Sicherheit war da keine Rede mehr. Die heute gültige Vorstellung entspricht der Idee eines Imperiums, dem sich andere unterzuordnen haben oder mit militärischer Gewalt dazu gezwungen werden.

Von Afghanistan bis Libyen und Mali brennen der Nahe und Mittlere Osten und Nordafrika. Wertvolles Kulturerbe ist zerstört worden, Millionen Menschen sind vertrieben, getötet und ermordet worden. Mit dem Konflikt in der Ukraine ist diese Politik in die Nähe Europas geruckt. Trotz der näher rückenden militärischen Gewalt sehen offensichtlich viele Menschen in unserem Land keine unmittelbare Kriegsgefahr. Und wenn schon, dann sind nicht wir, der Westen, verantwortlich für die gefährliche Entwicklung, verantwortlich ist Russland – so die öffentliche Wahrnehmung und vor allem die in den Medien veröffentlichte Meinung.

Nahezu alle wichtigen Medien in Deutschland machen mit beim Aufbau des neuen Feindbildes: FAZ und taz, Zeit und Bild, Süddeutsche Zeitung und Welt, ARD, ZDF und die privaten Sender ohnehin. Es ist erschreckend, dass innerhalb eines kurzen Zeitraums die tatsächliche Lage in der Welt und auch die Stimmungslage so verändert werden können. Das deutsche Volk war lange Zeit resistent gegen den Aufbau eines neuen Feindbildes. „Nie wieder Krieg“ war eine geläufige Parole. Ob das hält, ist sehr zu bezweifeln.

Das ganze – lesenswerte –  Vorwort kann hier gelesen werden.

Harald Fuchs

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